Der Begriff Pflichtverteidigung stammt aus dem Strafrecht, fälschlicherweise wird ein Pflichtverteidiger auch heute noch als Anwalt für Arme bezeichnet. Tatsächlich wird damit jedoch die Tatsache benannt, dass bei Strafrechtsprozessen in vielen Fällen eine sogenannte Notwendige Verteidigung vorliegt, für die das Gesetz einen Anwalt für den Beschuldigten vorschreibt.

Irrtümer rund um die Pflichtverteidigung

Einer der weit verbreitenden Irrtümer, wenn es um Pflichtverteidigung geht besteht darin, dass dieser dann bestellt wird, wenn sich der Beschuldigte keinen eigenen Anwalt leisten kann. Diese „Information“ stammt häufig aus amerikanischen Filmen und Serien, in denen Verhaftungen oft mit dem Hinweis „Sie haben das Recht auf einen Anwalt. Wenn Sie sich keinen Anwalt leisten können, wird Ihnen vom Gericht einer gestellt“ begleitet werden.

Weiterhin besteht oft eine Verwechslung mit der Prozesskostenhilfe aus dem Zivilrecht, die Kläger und Beklagte finanziell unterstützt. Die PKH ist einkommensabhängig, im Gegensatz dazu kommt es bei der Pflichtverteidigung nicht auf die finanzielle Lage des Beschuldigten an. Ebenfalls irrtümlich ist die Meinung, dass Pflichtverteidiger „schlechter“ als Wahlverteidiger wären. Ebenso wie diese kümmern sich Pflichtverteidiger in der Regel intensiv und mit ganzen Kräften um die Verteidigung ihres Mandanten. Der Unterschied besteht lediglich darin, dass der Pflichtverteidiger bei Bedarf im Auswahlverfahren vom Gericht bestimmt und von diesem beauftragt wird.

Der Pflichtverteidiger im Strafrecht

Ebenso wie jeder andere Anwalt auch, vertritt der Pflichtverteidiger einen Beschuldigten bei einem Prozess. Der Unterschied zum Wahlverteidiger besteht darin, dass bei der Pflichtverteidigung ein Anwalt vom Gesetz gefordert und – benennt der Beschuldigte keinen eigenen Anwalt – vom Gericht ausgewählt und bestellt wird. Nötig ist eine Pflichtverteidigung immer dann, wenn der Tatbestand der Notwendigen Verteidigung nach § 140 StPO vorliegt. Dies ist dann der Fall, wenn ein Verbrechen vorliegt, dem Beschuldigten im Falle einer Verurteilung schwere Konsequenzen wie eine längere Haftstrafe drohen oder wenn der Beschuldigte sich nicht selbst verteidigen kann, zum Beispiel aufgrund einer körperlichen oder geistigen Beeinträchtigung.

Bestellung durch das Gericht

Bei der Pflichtverteidigung wird der Anwalt nicht über ein Mandat vom Beschuldigten beauftragt, sondern vom Gericht bestellt. Dies hat verschiedene Konsequenzen. So kann dem Pflichtverteidiger nicht durch seinen Mandanten gekündigt werden, ausschließlich das Gericht kann durch eine gerichtliche Entscheidung den Anwalt wieder entlassen. Auch hinsichtlich der Bezahlung besteht ein Unterschied zum regulären Anwalt: Der Pflichtverteidiger wird aus der Staatskasse bezahlt. Kommt es zu einer Verurteilung, fordert das Gericht die Anwaltskosten vom Verurteilten zurück, im Falle eines Freispruchs trägt der Staat sämtliche Verfahrenskosten, zu denen auch das Anwaltshonorar gehört.

Pflichtverteidiger selbst aussuchen?

Aufgrund der Tatsache, dass es sich bei der Pflichtverteidigung nicht um eine Leistung des Gerichtes, sondern um eine gesetzliche Vorschrift aus der Strafprozessordnung handelt, kann der Beschuldigte sich auch einen Pflichtverteidiger selbst aussuchen. Er wird dazu sogar vom Gericht schriftlich innerhalb einer Frist von 7 Tagen aufgefordert. Erst wenn diese Frist verstrichen ist, wählt das Gericht einen Anwalt aus. Dies bedeutet also, dass auch bei einer Pflichtverteidigung ein Wahlverteidiger den Beschuldigten vertreten kann. Dieser kann auf Antrag zum Pflichtverteidiger bestellt werden, erhält dann allerdings ein um 20 % reduziertes Anwaltshonorar gegenüber einem Wahlanwalt. Weitere Unterschiede bestehen in der Abrechnung von Termingebühren und Längenzuschlägen.

Wer kann eine Pflichtverteidigung übernehmen?

Grundsätzlich kann jeder Anwalt, der auch als Wahlverteidiger auftreten kann, ein Mandat als Pflichtverteidiger übernehmen. Als Beschuldigter sollte man bei der Auswahl auf einen Anwalt seines Vertrauens setzen, der auch Erfahrungen im Strafrecht mitbringt, bzw. als Fachanwalt für Strafrecht gelistet ist. Im Strafrecht herrschen andere Regeln und Begebenheiten als im Zivilrecht, ein spezialisierter Anwalt ist damit vertraut und kann so seinen Mandanten besser und zielgerichteter vertreten. Bei der Anfrage an einen Anwalt, ob er ein Mandat übernehmen würde, sollte das Thema Pflichtverteidigung möglichst frühzeitig angesprochen werden.