Im Falle einer notwendigen Verteidigung nach § 140 herrscht laut Gesetz Anwaltspflicht. Damit soll eine kompetente und im Sinne des Beschuldigten wirkende Verteidigung gewährleistet werden. Insofern ist es in der Regel nicht nötig, einen Pflichtverteidiger zu beantragen, das Gericht kümmert sich darum, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen.

Anwalt gesetzlich verordnet – Pflichtverteidigung nach StPO

Die Strafprozessordnung (StPO) kennt verschiedene Tatbestände, bei denen ein Beschuldigter sich vor Gericht von einem Anwalt vertreten lassen muss. Grundsätzlich ist ein Pflichtverteidiger immer dann notwendig, wenn ein Verbrechen zur Last gelegt wird, dem Beschuldigten schwere Konsequenzen wie Berufsverbot oder Freiheitsstrafe drohen oder wenn ein Beschuldigter sich aus körperlichen oder psychischen Gründen nicht selbst verteidigen kann. Sieht das Gericht einen Fall der Notwendigen Verteidigung, fordert es im Schreiben an den Beschuldigten gleichzeitig die Benennung eines Anwalts, meist innerhalb einer Frist von einer Woche. Liegt also eindeutig ein Fall der notwendigen Verteidigung vor, muss der Beschuldigte einen Pflichtverteidiger nicht extra beantragen.

Die Pflichtverteidiger-Beiordnung

Anders als ein Wahlanwalt, den sich ein Beschuldigter selbst auswählt und diesem ein Mandat übergibt, wird ein Pflichtverteidiger vom Gericht bestellt. Keine Rolle spielt dabei, ob der Verteidiger vom Beschuldigten benannt oder vom Richter ausgewählt wurde. Im Unterschied zum Wahlverteidiger kann ein Pflichtverteidiger vom Beschuldigten, bzw. Angeklagten allerdings nicht entlassen werden. Lediglich das Gericht kann die Beiordnung zurücknehmen und den Anwalt entpflichten.

Pflichtverteidiger beantragen – Die Sonderfälle

Im § 140, Abs. 1 sind verschiedene Fälle der Notwendigen Verteidigung genannt, für die dem Beschuldigten automatisch ein Pflichtverteidiger zusteht, bzw. beigeordnet wird. Im Absatz 2 des Paragrafen heißt es:

„In anderen Fällen bestellt der Vorsitzende auf Antrag oder von Amts wegen einen Verteidiger, wenn wegen der Schwere der Tat oder wegen der Schwierigkeit der Sach- oder Rechtslage die Mitwirkung eines Verteidigers geboten erscheint oder wenn ersichtlich ist, dass sich der Beschuldigte nicht selbst verteidigen kann. Dem Antrag eines hör- oder sprachbehinderten Beschuldigten ist zu entsprechen.“

Die Beantragung eines Pflichtverteidigers ist dann sinnvoll, wenn das Gericht nicht darüber informiert ist, dass Gründe nach Absatz 2 vorliegen, die eine Beiordnung erforderlich machen. Auch bei uneindeutigen Grenzfällen, in denen nicht klar ist, ob die Voraussetzungen für eine Pflichtverteidigung vorliegen, ist ein Antrag empfehlenswert. In folgenden Fällen lohnt sich die Beantragung:

  • Der Beschuldigte leidet an einer körperlichen Beeinträchtigung oder Erkrankung, die es ihm nicht möglich machen, sich selbst zu verteidigen.
  • Für eine wirkungsvolle Verteidigung ist Akteneinsicht nötig, die in der Regel nur ein Anwalt erhält, nicht aber der Beschuldigte selbst.
  • Die Höhe der Strafe im Falle einer Verurteilung ist unklar und kann die Beiordnung eines Pflichtverteidigers rechtfertigen.

Ob es Sinn macht, einen Pflichtverteidiger zu beantragen, kann in jedem Fall ein Anwalt beurteilen. Besteht die Möglichkeit, eine Pflichtverteidiger-Beiordnung zu erhalten, stellt dieser auch den Antrag. Für den Antrag selbst muss keine Form eingehalten werden, allerdings muss der Antrag auf Pflichtverteidigung begründet werden. Wird der Antrag abgelehnt, kann der Verteidiger gegen die Ablehnung Beschwerde einlegen.

Vom Wahlverteidiger zum Pflichtverteidiger

Hat ein Beschuldigter sich selbst bereits einen Anwalt ausgesucht und möchte diesen als Pflichtverteidiger benennen, dann erfolgt die Beantragung durch den Anwalt selbst auf schriftlichen Antrag. Falls vorher bereits eine Verteidigervollmacht vom Beschuldigten bestand, erlischt diese, da das zivilrechtliche Auftragsverhältnis nach § 675 BGB durch die öffentlich-rechtliche Bestellung durch das Gericht endet.

Pflichtverteidiger aus finanziellen Gründen beantragen

Ein Pflichtverteidiger wird nur dann beigeordnet, wenn die Voraussetzungen der notwendigen Verteidigung aus § 140 oder eine schlüssige Begründung vorliegen. Häufig wird die Pflichtverteidigung mit der Prozesskostenhilfe aus dem Zivilrecht verwechselt, da ein Pflichtverteidiger von der Staatskasse bezahlt wird. Allerdings handelt es sich hierbei nicht um eine finanzielle Entlastung des Beschuldigten, sondern um einen bürokratischen Ablauf. Einen Pflichtverteidiger zu beantragen und dies mit einer schlechten finanziellen Lage zu begründen, wird also nicht erfolgreich sein.