Anders als häufig vermutet, ist ein vom Gericht beigeordneter Pflichtverteidiger kein Anwalt für Arme. Die Vergütungsregelungen haben nichts mit der Prozesskostenhilfe aus dem Zivilrecht zu tun, bei der Beschuldigte aufgrund schwieriger Einkommensverhältnisse vom Staat unterstützt werden. Vielmehr spielt hier der Aspekt der „Notwendigen Verteidigung“ aus § 140 StPO eine entscheidende Rolle.

Die Staatskasse springt ein

Wird ein Pflichtverteidiger vom Gericht bestellt, wird dessen Honorar im ersten Schritt von der Staatskasse getragen. Allerdings gilt dies nur, solange kein Urteil gesprochen ist. Die Anwaltskosten gehören zu den Verfahrenskosten und wer die am Ende trägt, ist recht eindeutig geregelt: Wer verliert, bezahlt. Im Falle des Pflichtverteidigers bedeutet dies folgendes:

  • Wird der Beschuldigte vom Gericht verurteilt, dann ist er auch verpflichtet, die Verfahrenskosten zu übernehmen. Der Pflichtverteidiger rechnet zwar mit der Staatskasse ab, da diese ihn bestellt hat. Der Staat tritt dann an den Verurteilten heran und fordert die Gebühren zusammen mit den weiteren Verfahrenskosten zurück.

Wird der Angeklagte freigesprochen, übernimmt im Strafrecht der Ankläger – also der Staat – die gesamten Verfahrenskosten. In diesem Fall erhält der Pflichtverteidiger nicht nur die reduzierten Gebühren (80 % der Mittelgebühr), sondern das Honorar, das auch ein Wahlverteidiger erhalten hätte. Für den Angeklagten entstehen keine Kosten, abgesehen von einem eventuell vereinbarten Zusatzhonorar.

Die Notwendige Verteidigung

Liegt nach § 140 Strafprozessordnung (StPO) eine notwendige Verteidigung vor, muss sich ein Beschuldigter von einem Anwalt vertreten lassen. Sucht er sich diesen nicht selbst aus, dann übernimmt das zuständige Gericht diese Aufgabe und ordnet einen Pflichtverteidiger bei. Eine notwendige Verteidigung liegt im Strafrecht unter anderem in folgenden Fällen vor:

  • Die Hauptverhandlung findet vor einem Landes- oder Oberlandesgericht statt.
  • Dem Beschuldigten wird ein Verbrechen vorgeworfen.
  • Der Beschuldigt sitzt in Untersuchungshaft oder ist von dieser bedroht.
  • Der Beschuldigte hat sich für mindestens drei Monate auf richterliche Anordnung in einer Anstalt befunden.

Bevor ein Pflichtverteidiger beigeordnet wird, fordert das Gericht den Beschuldigten auf, innerhalb einer Frist einen eigenen Anwalt als Wahlverteidiger zu benennen. Erst wenn dies nicht erfolgt, wird der Pflichtverteidiger bestellt.