Im Jugendstrafrecht spielt der Pflichtverteidiger in vielen Fällen eine wichtige Rolle. Auch hier prüft das Gericht, ob eine notwendige Verteidigung nach § 140 Strafprozessordnung (StPO) vorliegt und ordnet gegebenenfalls einen Pflichtverteidiger bei. Besonders häufige Delikte sind Raub und räuberische Erpressung, beide Tatbestände gelten als Verbrechen und fallen somit unter den Paragrafen der notwendigen Verteidigung.
Wann wird das Jugendstrafrecht angewendet?
Das Jugendstrafrecht kommt dann zum Einsatz, wenn der Beschuldigte zwischen 14 und 18 Jahren alt ist, entscheidend ist dabei das Alter zum Zeitpunkt der Straftat. In besonderen Fällen fallen auch Täter zwischen 18 und 21 Jahren unter das Gesetz, dies hängt von der geistigen und sittlichen Entwicklung des Täters ab. Je nach Schwere und Art der Tat, können folgende Strafen verhängt werden:
- Erziehungsmaßregeln wie Bestimmung des Aufenthaltsorts, Annahme einer Arbeits- oder Ausbildungsstelle, Arbeitsleistungen, Aufsicht, soziale Trainingskurse oder Täter-Opfer-Ausgleich.
- Sogenannte „Zuchtmittel“ wie förmlicher Tadel, Schadenswiedergutmachung, Entschuldigung beim Opfer, Arbeitsleistungen oder Jugend- bzw. Dauerarrest.
- Jugendstrafe (in diesen Fällen ist auf jeden Fall eine Pflichtverteidiger-Beiordnung angezeigt)
- Maßregeln zur Besserung und Sicherung sowie Nebenstrafen wie Entzug der Fahrerlaubnis, oder Unterstellung unter eine Führungsaufsicht
Bei einem Jugendstrafverfahren sind zusätzlich zu Beklagtem, Jugendrichter und Staatsanwalt noch die Erziehungsberechtigten als Prozessbeteiligte und die Jugendgerichtshilfe als Unterstützung anwesend.
Voraussetzungen für einen Pflichtverteidiger im Jugendstrafrecht
Als Grundlage für eine Pflichtverteidigung wird im Jugendstrafrecht der § 140 StPO herangezogen. Eine notwendige Verteidigung – die die Beiordnung eines Pflichtverteidigers begründet – greift immer dann, wenn dem Beschuldigten ein Verbrechen angelastet wird, ihm schwere Konsequenzen wie eine Freiheitsstrafe drohen und wenn sich der Beschuldigte nicht selbst verteidigen kann. Als Ergänzung dient der § 68 des Jugendgerichtsgesetzes (JGG), in dem zusätzliche folgende Fälle als Grund für die Pflichtverteidigung genannt sind:
- Der Erziehungsberechtigte hat nach § 67, Abs. 4 JGG keine Verfahrensrechte, da er der Mitwirkung an der Tat verdächtigt wird.
- Der jugendliche Beschuldigte wird womöglich in einer Anstalt untergebracht, um eine Gutachten über seinen Entwicklungszustand zu erstellen.
- Ein minderjähriger Beschuldigter sitzt in Untersuchungshaft oder ist einstweilig untergebracht.
Neben diesen speziellen Fällen greift häufig der § 140, Abs. 2 StPO. Dort steht einem Beschuldigten ein Pflichtverteidiger zu, wenn er sich nicht selbst verteidigen kann und dies ist bei Heranwachsenden und Jugendlichen in aller Regel der Fall.
Pflichtverteidiger für jugendliche Straftäter finden
Der Anteil an Verurteilungen im Jugendstrafrecht liegt laut statistischem Bundesamt bereits seit den 1990er Jahren um die 5 % bei Jugendlichen und zwischen 6 und 10 % bei Heranwachsenden, dementsprechend wenig spezialisierte Strafverteidiger gibt es in diesem Bereich. Allerdings sind Fachanwälte für Strafrecht in der Regel auch für Jugendstrafrechtsprozesse qualifiziert. Um einen guten Anwalt zu finden, empfiehlt es sich gerade im Jugendstrafrecht, den Pflichtverteidiger selbst zu benennen, anstatt ihn vom Gericht auswählen und beiordnen zu lassen.
Pflichtverteidiger Kosten im Jugendstrafrecht
Grundsätzlich gilt hinsichtlich der Kostenübernahme für den Pflichtverteidiger, dass diese zu den Verfahrenskosten zählen. Im Falle eines Freispruchs zahlt die Staatskasse, wird der Angeklagte verurteilt, hat er die Kosten zu tragen. Da der Pflichtverteidiger sein Honorar mit der Staats- bzw. Landeskasse abrechnet, tritt diese dann an den Verurteilten heran und fordert die Verfahrenskosten zurück. Das Gesetz berücksichtigt allerdings, dass Jugendliche und Heranwachsende meist über kein eigenes oder nur über ein geringes Einkommen verfügen. Deshalb gibt es im Jugendgerichtsgesetz § 74 eine gesonderte Regelung:
“Im Verfahren gegen einen Jugendlichen kann davon abgesehen werden, dem Angeklagten Kosten und Auslagen aufzuerlegen.”
In der Praxis handelt es sich dabei um eine Kann-Bestimmung, die Entscheidung liegt beim Richter. In den meisten Fällen wird geprüft, ob der jugendliche Verurteilte in der Lage ist, die Verfahrenskosten zu tragen und ob die Kostenübernahme als erzieherisches Mittel geeignet ist. Allerdings kommt der 2. Fall meist nicht zur Anwendung, da es als pädagogisch nicht sinnvoll gilt, dem verurteilten Straftäter zusätzlich zur Verurteilung auch noch Schulden aufzuladen.
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