Liegt im Strafrecht eine notwendige Verteidigung nach § 140 Strafprozessordnung (StPO) vor, dann ist ein Anwalt für den Beschuldigten bei der Verhandlung Pflicht. Das Gesetz möchte damit für Chancengleichheit sorgen und sicherstellen, dass sich ein Angeklagter bestmöglich verteidigen kann. Für den Pflichtverteidiger gelten hinsichtlich Auswahl und Beauftragung spezielle Regeln.
Freie Anwaltsauswahl
Grundsätzlich hat jeder, der sich vor Gericht verantworten muss, das Recht auf einen Anwalt. Im Falle der Pflichtverteidigung besteht zusätzlich eine Anwaltspflicht. Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass das Gericht einen Anwalt bestellt, falls der Beschuldigte sich nicht selbst einen Verteidiger aussucht. Für diese Auswahl gibt es mehrere Möglichkeiten.
Wahlverteidiger und Pflichtverteidiger
Der Unterschied zwischen Wahl- und Pflichtverteidiger liegt vorwiegend in der Art der Beauftragung. Während ein Wahlanwalt vom Beschuldigten gewählt und beauftragt wird, übernimmt beim Pflichtverteidiger die Beauftragung das Gericht in Form einer Bestellung. Dies bedeutet jedoch nicht, dass sich der Beschuldigte seinen Anwalt nicht selbst aussuchen kann. Wird das Schreiben vom Gericht über eine Anklage oder Klageschrift zugestellt, enthält dies im Fall einer notwendigen Verteidigung immer auch die fristgebundene Aufforderung, einen Anwalt zu benennen. Der Beschuldigte hat dann die Wahl: Entweder er wählt selbst einen Anwalt aus und teilt dies dem Gericht mit oder er lässt die genannte Frist verstreichen und bekommt einen Pflichtverteidiger zugeteilt.
Pflichtverteidiger – kein Anwalt zweiter Klasse
Grundsätzlich ist ein Pflichtverteidiger kein zweitklassiger Anwalt, jeder Anwalt kann zum Pflichtverteidiger bestellt werden. Es kommt darauf an, dass der Verteidiger seine Aufgabe verantwortungsbewusst und mit Engagement übernimmt und nicht darauf, wer ihn engagiert hat. Aufgrund der Honorarvergütung durch die Staatskasse und den verringerten Gebührensatz auf 80 % wird sich ein Pflichtverteidiger allerdings Sonderwünsche bei der Verteidigung oder zusätzliche Leistungen auf jeden Fall extra bezahlen lassen. Die Zusatzvergütung wird dann mit einer schriftlichen Vergütungsvereinbarung mit dem Mandanten festgelegt. Wichtig zu wissen: Beschuldigte sind nicht verpflichtet, sich auf Vergütungsvereinbarungen einzulassen, übt der Pflichtverteidiger in dieser Hinsicht einen Druck aus, handelt er widerrechtlich.
Problem Auswahlverfahren
In der Regel wird ein Richter bei der Auswahl des Pflichtverteidigers unparteiisch und im Sinne des Beschuldigten vorgehen. Allerdings kann es durchaus in diesem Bereich auch Probleme geben, da es für die Auswahl keine gesetzlichen Regelungen geht. Es liegt allein im Ermessen des Gerichts, welcher Anwalt als Pflichtverteidiger bestellt wird. Über die Gründe der Auswahl muss der Richter keine Rechenschaft ablegen, das Vorgehen bleibt also intransparent. Teilweise wählen die Richter einfach zu handhabende Verteidiger aus oder solche, die sie bereits in ihrer Verhandlungsstrategie gut einschätzen können. Dies kann sich dann im Prozess für den Angeklagten hinsichtlich des Ausgangs doch negativ auswirken.
Selber wählen – die besser Alternative
Auch wenn Pflichtverteidiger keine schlechteren Anwälte sind, empfiehlt es sich doch, das Recht auf freie Anwaltswahl zu nutzen. Dies bringt mehrere Vorteile, so ist zum Beispiel sichergestellt, dass es sich um einen neutralen Verteidiger handelt, weiterhin besteht zu einem selbst gewählten Anwalt häufig ein besseres Vertrauensverhältnis. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Anwalt den Beschuldigten auch schon anderweitig vertreten hat. Wird der Anwalt selbst ausgewählt, dann kann dieser als Wahlverteidiger oder als Pflichtverteidiger fungieren. Im zweiten Fall erhält der Anwalt eine Bestellung durch das Gericht sowie ein geringeres Honorar und stellt seine Gebührenforderung nicht an den Mandanten, sondern an die Staatskasse. Ob sich ein Wahlverteidiger auf dieses Arrangement einlässt, sollte frühzeitig erfragt werden.
Grundsätzlich gilt, dass ein Beklagter seinen Strafverteidiger so schnell wie möglich auswählen sollte. Denn je eher sich der Anwalt in die Materie des Falls einarbeiten kann, umso besser wird er seinen Mandanten vor Gericht vertreten können. Das gilt für Wahlverteidiger ebenso wie für Pflichtverteidiger.
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