Wird in einem Verfahren im Strafrecht eine Notwendige Verteidigung nach § 140 StPO festgestellt, besteht für den Beklagten Anwaltspflicht. Wer schlau ist, wählt einen bekannten Anwalt seiner Wahl. Ansonsten ordnet das Gericht laut § 141 StPO einen Pflichtverteidiger bei. Doch auch wenn bereits ein Mandat besteht, kann der Wahlverteidiger als Pflichtverteidiger beigeordnet werden. Das hat für beide Seiten einige Vorteile.
Das Honorar zahlt die Staatskasse
Der große Vorteil eines Pflichtverteidigers für den Beklagten ist, dass die Gebühren des Anwalts vorerst aus der Staatskasse bezahlt werden. Dadurch wird der Beklagte zwar nicht vollständig von den Kosten befreit, aber für die Dauer der Verhandlung entlastet. Der Anwalt besitzt auf der anderen Seite die Gewissheit, dass sein Honorar zuverlässig bezahlt wird. Dies kann eine gute Motivation darstellen. Allerdings führt dieses Vorgehen nicht zu einer völligen finanziellen Entlastung. Im Falle einer Verurteilung fordert die Staatskasse die Verfahrenskosten vom Beschuldigten zurück. In einigen Fällen, wie zum Beispiel bei Prozessen nach dem Jugendstrafrecht kann diese Rückforderung allerdings ausgesetzt werden.
Was passiert mit der Verteidigervollmacht?
Wer einen Anwalt als Wahlverteidiger beauftragt, stellt diesem eine Verteidigervollmacht aus. Erst dann ist der Anwalt befugt, im Namen seines Mandanten zu handeln und ihn zu vertreten. Lässt sich der Wahlverteidiger als Pflichtverteidiger beiordnen und stimmt das Gericht zu, erlischt diese Vollmacht. Dem Antrag auf Bestellung als Pflichtverteidiger muss eine entsprechende Erklärung dazu beigefügt sein. Die Handlungsgrundlage besteht dann nur noch aufgrund der öffentlich-rechtlichen Bestellung.
Grenzen des Wechsels
Nach einem Spruch des OLG Köln (2 Ws 678/12) hat die Bestellung vom Wahlverteidiger als Pflichtverteidiger allerdings auch Grenzen. So kann ein Wahlverteidiger, der vom Beschuldigten in Anspruch genommen wurde und zur Entpflichtung des Pflichtverteidigers geführt hat, später sein Wahlmandat niederlegen, um sich wiederum selbst als Pflichtverteidiger beiordnen zu lassen. Ein Senatsbeschluss aus dem Jahr 2005) besagt folgendes:
„Die Beiordnung des Wahlverteidigers als Pflichtverteidiger kommt in aller Regel nicht in Betracht, wenn er zuvor einen Kollegen aus seiner Stellung als Pflichtverteidiger verdrängt hat. Anderenfalls könnten die Grundsätze über die Rücknahme einer Pflichtverteidigerbestellung und deren Grenzen allzu leicht unterlaufen werden (Senat, Beschluss v. 07.11.1997, 2 Ws 611/97).“
Dieser Beschluss gilt unabhängig davon, ob der Beiordnungsantrag sofort nach der Entpflichtung oder mit zeitlichem Abstand stellt.
Vorteile der Beiordnung für den Anwalt
Zwar erhält ein Pflichtverteidiger weniger Honorar als ein Wahlverteidiger im gleichen Strafrechtsprozess, dennoch kann es für einen Anwalt vorteilhaft sein, sich als Pflichtverteidiger beiordnen zu lassen. So erhält er sein Honorar direkt von der Staatskasse, Zahlungsausfälle durch zahlungsunfähige Mandanten entfallen. Weiterhin erhält ein Pflichtverteidiger unter bestimmten Umständen einen Aufschlag auf die Termingebühren in Form eines Längenzuschlags. Dieser wird dann anerkannt, wenn eine Hauptverhandlung mehr als fünf bzw. mehr als acht Stunden dauert.
Vom Pflichtverteidiger zum Wahlverteidiger
Ebenso ist es übrigens möglich, einen einmal bestellten Pflichtverteidiger gegen einen Wahlverteidiger auszutauschen. Dies steht dem Beschuldigten jederzeit frei, das Gericht muss diesem Wunsch – von wenigen Ausnahmen abgesehen – folgen und den Pflichtverteidiger entpflichten. In Frage kommt dieses Vorgehen dann, wenn sich ein Beschuldigter nicht gut vom Pflichtverteidiger vertreten fühlt. Einen Pflichtverteidiger gegen einen anderen auszutauschen ist dagegen deutlich komplizierter und wird nur bei schwerwiegenden Gründen vom Gericht anerkannt.
Um von Anfang an die Weichen richtig zu stellen, sollten Beschuldigte sich ihren Verteidiger für die Verhandlung selbst auswählen und diesen dann bei Bedarf als Pflichtverteidiger benennen.
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